Was ist JASS info? Unsere Gesellschaft ist geprägt von Vorurteilen und Kulturalisierung. Um diesen entgegenzuwirken, braucht es Orte der Begegnung. Damit Vorurteile abgebaut, eine Kontaktaufnahme zwischen „sich Fremden“ möglich wird und Beziehungen und Freundschaften entstehen können, sind Informationen, das Aufbrechen von negativen Vorurteilen, das Aufzeigen von Vielfalt und der Austausch wichtig. JASS fördert dies durch das Schaffen von zwischenmenschlicher Interaktion zu verschiedenen Themen. Die Veranstaltungen werden lokal in geeigneten Räumlichkeiten, in Absprache mit der Gemeinde und Schlüsselpersonen und meist an einem Abend, durchgeführt und dauern rund 2 bis 2.5 Stunden. Die verschiedenen Formate bringen sich fremde Menschen über ihre Individualität in Kontakt. Dabei steht die interessante, spannende Vielfalt, gerade von gesellschaftlich negativ stereotypisierten Menschen, im Vordergrund. Menschen entdecken dabei Menschen. Und dabei treten die menschlichen Gemeinsamkeiten in den Fokus. Vermeintliche ‚kulturelle Unterschiede’ verkommen zum Nebenschauplatz. Wir sprechen direkt mit Menschen, welche Minderheiten angehören, statt dass wir über sie sprechen. Zur Auswahl stehen sieben verschiedene Veranstaltungsformate.
Nachfolgend ein Überblick über die verschiedenen Formate.
F1. Im Gespräch mit Menschen in Schubladen. Der Islam ist in aller Munde. Auch im Wahlkampf wird der Islam zum Thema gemacht. Da der Islam eine in der Schweiz eher „junge“ Religion darstellt, sind Halbwissen und Unkenntnis weit verbreitet. Das führt zu einer Skepsis gegenüber der Religion und gegenüber den Angehörigen der muslimischen Glaubensgemeinschaft. Doch was ist „der Islam“ und wer sind „die Muslime“? An diesem Abend erzählen zwei bis drei Muslim*innen aus ihrem Leben und von ihrem persönlichen Umgang mit ihrem Glauben. Danach bleibt ausreichend Zeit für Fragen, welche die Besuchenden schon immer stellen wollten und für eine offene, respektvolle Diskussion.
F2. Living Library – Date 10 Minuten Vielfalt. Menschen treffen Menschen, welche sie sonst nicht treffen würden, und verbringen 10 – 15 Minuten mit ihnen. Sechs bis acht interessante Menschen aus Nah und Fern bieten ihre Zeit an, stellen sich den Fragen von Besuchenden und zeigen damit eine Vielfalt an Lebensentwürfen auf (Bsp. der Sportlehrer, der in seiner Freizeit Sport für geflüchtete Menschen anbietet, die charmante Dragqueen, die junge muslimische Frau mit und ohne Kopftuch, die Seniorin, die seit 50 Jahren am selben Ort wohnt, der syrische Rechtsanwalt, der innert zwei Jahren Schweizerdeutsch sprechen gelernt hat, usw.).
F3. Geschichten von Fern nach Nah. Über zugewanderte Menschen ist in den Medien viel zu lesen, zu sehen und zu hören. Doch in den meisten Fällen sprechen dabei Fach- oder Berufspersonen über die Zugewanderten; in den seltensten Fällen kommen die Menschen aus Nah und Fern selbst zu Wort. Diese Veranstaltung bietet hier lebenden Menschen aus Nah und Fern die Möglichkeit, ihre Geschichten, ihre Erlebnisse und von ihren Erinnerungen an die Heimat zu erzählen sowie Bildmaterial davon zu zeigen.
F4. An die Grenzen gehen – in die Quere kommen. Weiterhin informieren uns die Medien über die grösste humanitäre Katastrophe seit dem zweiten Weltkrieg aus verschiedensten Regionen unserer Welt. Über 68 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Den geflüchteten Menschen in Europa schlagen dabei gleichzeitig Wellen der Ablehnung und zum Glück auch Wellen der Solidarität entgegen. Die Grenzen zu Europa sind verschlossen, die Anreise nur über illegale, gefährliche Wege möglich. Geflüchtete Menschen und Freiwillige erzählen von ihren Erfahrungen an den Grenzen von Europa. Dabei wird die Situation an den Grenzen erläutert, die Fluchtrouten, die Arbeit der Schlepper und die Situation in den offiziellen sowie inoffiziellen Camps thematisiert. Der Abschluss wird mit einer Diskussion zum Thema im Plenum gemacht.
F5. Ein Abend im Nahen Osten. Der Krieg im Nahen Osten und die damit einhergehende humanitäre Katastrophe sind als erschreckende Realität Teil unseres Alltags geworden. Im ersten der Teil der Veranstaltung wird die Situation in Syrien durch einen Film über ein Flüchtlingscamp emotional erlebbar gemacht. Danach folgen Erzählungen von zwei bis drei Zeitzeugen zur Geschichte und zu aktuellen Ereignissen im Nahen Osten. Der Fokus wird dabei auf die Regionen Syrien und Irak gelegt. Danach bleibt Zeit für Fragen und eine Diskussion in der offenen Besucherrunde.
F6. Ich – Du – Wir – Sie; und die Anderen (Vorurteilsworkshop).Während des Workshops nehmen wir Vorurteile unter die Lupe. Woher stammen Vorurteile? Warum haben wir Vorurteile? Was nutzen Vorurteile? Wie beeinflussen sie unseren Alltag? Wann sind Vorurteile problematisch? Wie ist mit Vorurteilen umzugehen? Was ist der Unterschied zwischen Vorurteilen, Rassismus und Diskriminierung? Dazu wird die eigene Identität hervorgehoben. Wer bin ich? Und was sehen andere in mir? Diese Fragen sollen beantwortet und positiv dargestellt werden. Das Thema wird zusammen mit den Teilnehmenden erarbeitet. Abschliessend wird das Stereotypenspiel der Uni Bern mit den Teilnehmenden gespielt.
F7. Zusammen leben mit Zukunft in… Menschen leben mit Menschen zusammen. In der Stadt, auf dem Land, in der Nachbarschaft, in der Freizeit: man kennt sich, man ist sich fremd, man mag sich, man geht einander aus dem Weg, man liebt sich, man bekämpft sich, man interessiert sich (nicht) und man solidarisiert sich. In radikalen, populistischen Zeiten wie heute beschäftigt das „Wie wollen wir zusammenleben?“ die Menschen in superdiversen Gesellschaften mehr denn je. Der Frage nach den Einflussfaktoren auf das Zusammenleben in unserer Gesellschaft gehen wir nach und diskutieren dazu im Wohnzimmer deiner Stadt. Dabei sprechen wir im Rahmen eines Podiumsgesprächs mit unterschiedlichsten Akteuren, die sich für eine demokratische, friedliche Gesellschaft engagieren. Dazu nehmen vier Menschen aus der Politik, aus Religionsgemeinschaften, aus der sozialen Arbeit, der Wirtschaft, der Sicherheit oder der Wissenschaft die verschiedenen Einflussfaktoren auf das Zusammenleben genauer unter die Lupe.
Wie bereits eingehend erwähnt sprechen wir mit den Menschen statt über sie. Doch diese Erzählungen sind mehr als nur Geschichten. Diese Geschichten…
..lassen Menschen für sich selbst reden. Über Angehörige von Minderheiten wird viel berichtet. Eine Studie zeigt, dass die Angehörigen von Minderheiten in den Medien selbst aber nur wenig zu Wort kommen. Im Gegenteil: Die meisten Medienberichte reproduzieren und festigen Stereotype. Mit der vielfältigen Realität haben sie dabei wenig zu tun. Bei JASS stehen die Menschen mit ihren eigenen Erzählungen und ihren individuellen Erinnerungen zu gesellschaftlich diskutierten Themen im Mittelpunkt. Ihr Erleben ist wichtig und die Besuchenden schenken ihnen Gehör. Erzählungen werden als individuelle Erfahrungen auf- und wahrgenommen und der Absolutheitsanspruch einer einzigen Realität, gerade zu gesellschaftlich viel diskutierten Themen, tritt in den Hintergrund.
..bringen Menschen in Kontakt, die sich eigentlich fremd sind.Menschen leben nicht nur im Internet in einer Filterblase. Auch in der Realität bewegen sich Menschen in ihrer Komfortzone. Menschen erreichen Menschen, welche einer vermeintlich anderen Gruppe zugehören, nur schwer. JASS bringt Menschen aus verschiedenen Gruppen in Kontakt und in den respektvollen persönlichen Austausch. Das Entdecken des Anderen, das Erlebnis des Austausches der verschiedenen Meinungen und Haltungen steht im Vordergrund. Gefördert wird dabei die Ambiguitätstoleranz jedes Einzelnen und im Kollektiv.
..lassen Gemeinsamkeiten entdecken. Der Begriff der ‚kulturellen Unterschiede’ ist allen bekannt. Doch was sind denn diese kulturellen Unterschiede wirklich – und was bringen sie uns? Sind nicht viel mehr Gemeinsamkeiten statt Unterschiede zu finden? JASS Veranstaltungen machen es möglich, dass Menschen, welche auf den ersten Blick sehr unterschiedlich zu sein scheinen, ihre Gemeinsamkeiten entdecken: Die Freude am sich gegenseitig entdecken, die Freude über die gemeinsame Bewältigung der scheinbaren Hindernisse zum Austausch sowie die Freude über das gegenseitige Vertrauen und den Respekt.
..sind interessant und berührend. Die Menschen an den Veranstaltungen von JASS erzählen einen Abend lang von ihren Erlebnissen, Erfahrungen und Erinnerungen. Dabei steht ihr persönliches Erleben im Vordergrund. Und dabei kommen schwere sowie leichte Themen zur Sprache. Durch die persönliche Atmosphäre und den bewusst herbeigeführten Umgang mit Respekt wird der Smalltalk rasch umgangen. Die Menschen an den Veranstaltungen gehen aufeinander zu und interessieren sich für die anderen Menschen. Nicht selten beginnt ein Gast spontan über eigene Erfahrungen, Erlebnisse und Geschichten zu berichten – auch wenn es sich dabei nicht immer um die schönsten Erinnerungen eines Menschen handelt. So entsteht in kurzer Zeit Vertrauen zwischen sich fremden Menschen und Tiefgang wird möglich.
..eröffnen Möglichkeiten, hinter Stereotype zu blicken.Die Besuchenden erleben Menschen hinter den gängigen Stereotypen. Dabei zeigen sich die Teilnehmenden als Vielfalt der Lebensentwürfe und Lebensmöglichkeiten innerhalb einer Gesellschaft. Stereotypisierte Menschen werden als eigene Persönlichkeit erlebbar und als Mensch respektiert. Empathie wird möglich und der Entmenschlichung aufgrund der stetigen Wiederholung von negativen Vorurteilen ganzen Gruppen von Menschen gegenüber wird entgegengewirkt.
…und so werden Geschichten zu mehr als nur Erzählungen bei JASS.